Gerechtigkeit und Solidarität statt Profitstreben

Reden

Feministische Entwicklungspolitik

Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Schulze!

Auch Die Linke will deutlich mehr Tempo und eine feministische Entwicklungszusammenarbeit. Aber gerade deshalb würden wir sie anders ausrichten: Wir würden die Interessen und Bedürfnisse der Menschen in den unterstützten Ländern in den Mittelpunkt rücken, orientiert an den Gedanken von Gerechtigkeit, Solidarität und Nachhaltigkeit. Und statt in erster Linie den Wirtschaftsinteressen der Geberländer und den Konzernen Vorrang einzuräumen, würden wir eine globale Umverteilung einleiten, um soziale Ungleichheit zu bekämpfen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie machen das leider nicht so oder nicht konsequent genug. Ein dramatisches Beispiel dafür ist Afghanistan. Die Verantwortung für die zurückgelassenen Arbeitskräfte liegt auch bei Ihrem Ministerium. Die Lage der Zivilbevölkerung wird immer katastrophaler. Die Wirtschaft
des Landes ist weitgehend zusammengebrochen. Viele haben ihren Job verloren. Die meisten Menschen haben kaum noch Geld und leiden unter extremem Hunger. Übergriffe gerade gegenüber Frauenaktivistinnen sind an der Tagesordnung. Und mittendrin im Elend und in der zunehmenden Gefahr Tausende zurückgelassene ehemalige Ortskräfte und ihre Familien, die nun um ihr Leben bangen. Und was macht das BMZ? Das BMZ lehnt Ausreiseanträge ab, weil die Betroffenen „nur“ einen Honorarvertrag hatten. Das ist unverantwortlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Taliban machen nämlich keinerlei Unterschiede zwischen Arbeitsvertrag und Honorartätigkeit, Frau Schulze. Und da sich – Frau Kollegin Brugger hat es vorhin erwähnt – die ganze Bundesregierung zuständig fühlt: Es braucht jetzt Visa nach Ankunft und eine doppelte Luftbrücke: Hilfsgüter hin, Bedrohte zurück. Verhandeln Sie die Aufnahme der Direktflüge, und sorgen Sie dafür, dass humanitäre Hilfe schnell bei den Betroffenen ankommt!

(Beifall bei der LINKEN)

Ich finde es schon sehr enttäuschend, wie behäbig die von SPD und Grünen geführten Ministerien hier agieren. Das gilt auch für das Thema Impfgerechtigkeit. Während hier geboostert wird – was ja gut ist –, waren im Januar 2022 nur 5 Prozent der Menschen in ärmeren Ländern vollständig geimpft, nur 11 Prozent hatten die erste Impfung. In einer solchen Situation wird Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zum Umfaller des Monats und ändert nach einem Gespräch mit der Pharmaindustrie seine Haltung zur Patentaussetzung. Ich finde das unglaublich.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD)

Der schnelle Ausbau von Produktionskapazitäten ist wichtig, um die Verfügbarkeit zu erhöhen, und zwar nachhaltig, auch um schnell auf notwendige Anpassungen an neue Varianten reagieren zu können. In Kapstadt gibt es jetzt zwar Fortschritte bei der Entwicklung eines eigenen Impfstoffes. Mit Patentfreigabe wäre das aber deutlich schneller möglich gewesen, und ohne diese wird weiterhin wertvolle Zeit verloren gehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nach Presseberichten hat BioNTech sogar versucht, die Erforschung eines afrikanischen Impfstoffes zu verhindern.

(Dr. Wolfgang Stefinger [CDU/CSU]: Quatsch!)

Angesichts des Profits von 1 000 Dollar pro Sekunde kein Wunder. Ein Unternehmen bleibt eben ein Unternehmen, und diese schalten lieber Konkurrenz aus, als sie neben sich zu dulden. Aber genau das, liebe Kolleginnen und Kollegen, zeigt, warum wir Forschung, Pharmazie, Gesundheit nicht dem Markt überlassen dürfen. Darüber kann im Übrigen auch das gestrige Werbeevent von BioNTech in Marburg, das Sie so abfeiern, nicht hinwegtäuschen. Unter dem Deckmantel des Technologietransfers wird mit Fabrikcontainern die eigene Produktion ausgebaut. Das Ganze dauert zudem viel zu lange; es wird nämlich zwei Jahre dauern. Die Pandemie legt aber keine Pause ein. Anders als Sie behaupten, gibt es mindestens 120 Pharmafirmen im Globalen Süden, die in deutlich kürzerer Zeit die Produktion aufnehmen könnten, wenn es denn den Technologietransfer gäbe.

Für die Logik des Marktes gilt: Profite vor Gesundheit.

Deshalb muss die Gesundheit dem Markt entzogen werden. Geben Sie endlich die Patente frei!

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